Gespräch mit P. Provinzial Fritz Wenigwieser
Warum ist das Wirken des Rosenkranz-Sühnekreuzzugs aus Ihrer Sicht wichtig?
Dieses Ansinnen von Petrus Pavlicek, nicht nur als Individualist für das Heil und den Frieden zu beten, sondern es geschafft zu haben, eine ganze Gebetsgemeinschaft, das heißt eine ganze Welt zu vereinen, denke ich, ändert nicht nur das Innere der Seele des Menschen, sondern ändert auch nach außen hin eine ganze Bevölkerung, eine ganze Gesellschaft. Darum meine ich, ist das wichtig, das individuelle Gebet. Und auf der anderen Seite denke ich: Wir brauchen Beter, die Zeugnis legen in unserer Welt. Ich nenne es immer so, dass es noch Orte gibt, wo der Himmel offen ist.
Warum ist es denn auch wichtig, für die Menschen und auch für die Welt zu beten?
Ich denke, es gibt auf der einen Seite sogar wissenschaftliche Untersuchungen, dass sich Gebet auswirkt, zumindest in Amerika, aber das ist jetzt nicht mein Fokus, auf den ich hintendiere. Sondern ich glaube, dass das Gebet der innerste Ausdruck ist meiner Verbindung zu Gott. Ich sage nicht immer, dass es wichtig ist, dass wir mit Worten beten, sondern dass wir unser Herz zu Gott erheben, in welcher Form auch immer. Und der Rosenkranz ist eine Möglichkeit, ich sehe ihn als das immerwährende Gebet. Ich habe eigentlich so eine Gebetsschnur. Es ist für mich wichtig, nicht nur als einzelner, sondern als Gemeinschaft, darin auch auszudrücken, dass es eine Verbindung zu Gott gibt. Und ich habe heute schon bei der Predigt gesagt, ich sehe den Rosenkranz als ein biblisches Gebet, es sind lauter biblische Worte, die durch mich hindurchrinnen und mich eigentlich innerlich reinigen.
Ich nehme jetzt ein Beispiel: Man hat einmal einen Mönch gesehen, der hat mit einem Korb Wasser geschöpft und ist mit dem wieder in seine Zelle gegangen. Natürlich, bis er hingekommen ist, war das ganze Wasser ausgelaufen. Und dann hat er wieder geschöpft, immer wieder, bis ihm dann einmal einer gesagt hat: Entschuldigung, was machst du für eine sinnlose Aktion? Du wirst nie das Wasser, was du schöpfst, in deine Zelle bringen. Dann sagte er: Ja, du hast einerseits Recht, aber auf der anderen Seite: Schau einmal vorher in diesen Korb hinein, wie der schmutzig war, und schau nachher hinein. Vorher war er schmutzig, nachher war er gesäubert von dem Wasser, was durchgelaufen ist. So ähnlich verstehe ich auch das Gebet, durch diese Worte, die durch uns hindurch gehen: Sie reinigen uns. Und andererseits denke ich, ist es eine Verbindung zu Gott.
Verstehen Sie, dass es den Menschen manchmal schwer fällt zu beten?
Das verstehe ich vollkommen. Ich habe in der Pastoral sehr viele Erlebnisse, gerade jetzt kürzlich eine Frau, deren Mann mit 51 Jahren an Covid gestorben ist, der selber jeden Tag den Rosenkranz gebetet hat, der eigentlich ein sehr christlicher Mann war. Aber sie hat gesagt, das war ihr zu früh, und sie hadert. Das heißt also selbst in dieser Stunde, wo sie gemerkt hat, dass das eigentlich eine sehr schwierige Stunde ist, hat sie gemerkt, sie könnte manchmal mit Gott schreien und hadern, weil sie nicht versteht, warum er ihn nicht gerettet hat, warum er nicht gesund geworden ist, warum...
Ich denke, das ist oft die Situation vieler Menschen, aus welchen Gründen auch immer, kann man verstehen, dass die Beziehung nicht nur abgebrochen ist sondern dass sie Schwierigkeiten haben. Aber das heißt nicht immer.. Ich sage, manchmal ist es sogar wichtiger, seine Not herauszuschreien als unehrlich zu sein. Es ist besser zu sagen, ich kann heute nicht beten, ich schreie zu Gott weil ich eigentlich spüre, dass ich momentan voller Aggression bin. Also ich kann mich durchaus mit den Menschen anfreunden, dass sie Schwierigkeiten haben beim Gebet.
Es ist für mich auch keine Frage der Beurteilung oder Verurteilung, sondern eigentlich dann erst recht durch die Not hindurch einen Weg zu suchen, wenn man sagt, mit dem habe ich Schwierigkeiten. Dazu gibt es ja auch Hilfen, vielleicht gibt es Menschen, eigentlich sind es die spirituellen Mentoren, die Begleiter, die einem helfen können. Weil das ist eine Binsenweisheit in der Spiritualität, dass jeder, auch jeder Mönch, Trockenzeiten durchmacht. Dort ist eigentlich die entscheidende Prüfung: Wie gehe ich in der Zeit eigentlich damit um, wo man vielleicht nach außen gar nicht mehr beten kann.
Was wünschen Sie dem RSK für die nächsten 75 Jahre?
Ich denke mir, diese Freiheit, für die Petrus Pavlicek gebetet hat. Im Beschreiben seiner Lebensbiografie, wo ich gemerkt habe, die ja nicht geradlinig verlaufen ist, wo sehr viel von seiner eigenen Biografie drinnensteckt. Ich wünsche eigentlich, vor allem auch dem RSK zur heutigen Zeit, dass er Menschen berührt, die aus der Kirche ausgetreten sind, so wie Petrus, und dann eigentlich Bekehrung erlebt und erfahren haben. Ich wünsche dem RSK, dass es viele solche Menschen gibt, die gerade durch diese Gebetsgemeinschaft, durch Begegnungen, genau zu diesen Leuten kommen, die vielleicht der Kirche sehr sehr fernstehen.
Das Gespräch führte Udo Seelhofer.