Hallo Kinder!
Städte und Dörfer sind zerstört worden. Viele Männer müssen Soldaten werden und Frauen mit Kindern sind davongelaufen, weil sie am Leben bleiben wollen. Auch in unserem schönen friedlichen Dorf sind jetzt Menschen aus dem Kriegsgebiet. Ja „und es ist eine schwere Sünde“, hat der Pfarrer gesagt, „dass ein Mensch ein anderes Land begehrt, es zerstört und es sich einfach nimmt“. Sascha und Poldi sind zwei von zwölf Ministranten und Ministrantinnen, die gespannt dem Pfarrer zuhören, aber als dann die heilige Messe aus ist und die letzte Strophe von „Großer Gott, wir loben dich“ verklungen ist, waren doch alle müde, hungrig und vor allem durstig.
Anna, die „Minichefin“, ist schon 18, sie ist besonders lustig und man kann mit ihr über alles reden. Wirklich über alles! Die Ministrantenbande lacht und kichert durcheinander, alle mussten ja während der heiligen Messe ganz brav sein und eine gute Gebetshaltung zeigen.
Sascha hat sich von seinem Taschengeld ein neues Handy gekauft. Er ist mächtig stolz darauf und freut sich über das, was sein Gerät alles kann. Nun steht er ein wenig abseits mit seinem Freund Poldi im Schatten eines mächtigen Baumes. Er zieht das Handy heraus und zeigt dem Poldi etwas. Der schaut lange, ganz genau hin, bekommt ganz rote Ohren, schüttelt den Kopf und flüstert dem Sascha etwas ins Ohr. Sascha wischt über das Handy und es kommt ein neues Bild. Wieder Kichern und Schauen und rote Ohren. Wen die beiden in ihrem Eifer nicht bemerkt haben, ist Anna, die sich müde, gemütlich an den schattigen Baumstamm gelehnt hat. Sie hört, wie Poldi flüstert: „Wow, hast du noch so etwas, das möchte ich auch haben. Schicke es mir auf WhatsApp! Aber unbedingt – ich muss mir das noch genauer anschauen.“ Poldi ist total auf dem „Habenwollen-Trip“. Jetzt wird die gute Anna neugierig und schaut den beiden über die Schulter. Was sie da zu sehen bekommt, freut sie nicht. Da purzeln nackte Leute durcheinander auf dem Screen... Anna seufzt so tief und geräuschvoll, dass die Buben erschrocken aufblicken. Sascha ist erschrocken, klappt sein Handy zusammen, steckt es in die Hosentasche und will davonlaufen, aber Poldi hält ihn fest. „He du Feigling! Zeig der Anna, was du da hast!“ Sascha zögert und sagt dann: „Schau, Anna, was mir der Freund von meinem Cousin aufs Handy geschickt hat.“ „Also, mir ist das urpeinlich“, meint er noch zaghaft. „Ja, mir auch“, sagt Anna, „aber angeschaut habt ihr es trotzdem. Beide!“ „Neugierig sein ist völlig in Ordnung. Wo wären wir Menschen heute, wenn wir alle nicht neugierig wären?“
„Und wenn mir etwas urpeinlich ist, heißt das eigentlich auch schämen?“, fragt Poldi ganz aufmerksam. „Schämen heißt, wenn es mir sehr unangenehm ist und ich etwas ungeschehen machen möchte“, flüstert Sascha, der immer alles besser weiß. „Ja richtig, Gott hat uns ein Gewissen, ein ‚Navi’ – ein Gefühl – gegeben für das, was richtig und was falsch ist“, antwortet Anna. „Huch“, lacht Sascha, „jetzt haben wir aber eine Ministrantenstunde gehabt“. „Nein, ihr habt ja gute Lehrer und gute Eltern. Fragt sie einfach, wenn ihr über die Geschlechtlichkeit des Menschen Fragen habt, und vergesst nicht, den Eltern zu sagen, von wem du, Sascha, diese Videos bekommen hast. Und bitte versprich mir, dass du diese Bilder löschst!“, lacht Anna, droht mit dem Zeigefinger und verabschiedet sich.
Einige Tage sind vergangen: Saschas Papa renoviert das Haus. Die beiden Buben lungern auf der Baustelle umher. Sascha erklärt seinem Freund, wie die neuen Betonmischmaschinen funktionieren. Und weil er immer alles besser weiß, zeigt er es dem Poldi auf seinem Handy. Er wischt umher und auf einmal sind diese Bilder wieder da. „He, du hast ja versprochen, sie in den Papierkorb zu geben!“, mahnt Poldi. Trotzdem bekommt er Stielaugen und beide wischen aufgeregt, um sich ein neues Video anzuschauen. Für „User über 18“ steht darunter!
Sascha steht am Rande einer Verschalung, in der noch viel weiche Betonmasse schwimmt. „Hast du noch etwas?“, fragt Poldi und beugt sich über Saschas Smartphone, „du hast mir versprochen, noch etwas zu senden!“ „He Burschen, weg da von der Baustelle“, ruft ein Bauarbeiter, der gerade die Mischmaschine anwirft. Die beiden schrecken hoch, Sascha will sein Handy hastig in den Hosensack stecken, da fällt es ihm aus der Hand ... und verschwindet langsam, langsam in der Betonmasse. Weg ist es für immer! „O du Armer, so ein Pech, dass dir das Smartphone in den Beton gefallen ist, du tust mir leid...“, haben viele zu Sascha gesagt. Nur Anna hat klug gelächelt und hat gesagt: „9. Gebot Gottes: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, (gilt noch nicht für Buben), aber 10. Gebot Gottes: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut (Handys, Videos, Autos, Fahrräder, Mopeds, Skateboards ... kurz ALLES, was jemand anderem gehört. (Das gilt besonders für Jungen!)“
Nun zum Rätsel:
Sendet die richtige Reihenfolge der Zehn Gebote an:
FRK, Postfach 695, A-1011 Wien; Einsendeschluss: 15. Mai 2023 Vergesst nicht, euer Alter anzugeben. Schöne Bücher warten auf euch.
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