Neben den orientalisch-orthodoxen Kirchen sind im Nahen Osten auch (byzantinisch) orthodoxe Kirchen präsent. Die drei Patriarchate von Alexandrien, Antiochien und Jerusalem zählen zwar nur relativ wenige Gläubige, genießen aber aufgrund ihres Ursprungs, der bis in die Zeit der Apostel zurückgeht, großes innerkirchliches Ansehen und sind ein wesentlicher Bestandteil der Weltorthodoxie.
In den ersten Jahrhunderten hatten sich Rom, Konstantinopel, Alexandria und Antiochien als bedeutende Zentren der Christenheit herausgebildet. Auf dem Konzil von Konstantinopel (381) erkannten sie sich gegenseitig als Patriarchate an. (451 kam noch Jerusalem dazu.) Nach dem Konzil von Chalcedon (451) kam es in den Ortskirchen von Alexandria und Antiochia zur Kirchenspaltung. Die in der Regel griechisch-sprachigen Kleriker und Gläubigen, die an den Konzilsbeschlüssen festhielten, bildeten fortan den Kern der orthodoxen Patriarchate.
Patriarchat von Alexandrien
In Ägypten wandte sich der überwiegende Teil der Kirche gegen die Beschlüsse von Chalcedon; aus diesem Teil ging die Koptisch-orthodoxe Kirche hervor. Eine kleine Minderheit blieb der Großkirche treu und bildete künftig das Orthodoxe Patriarchat von Alexandria. Zunächst wurde weiterhin – wie auch bei den Kopten - die alexandrinische Liturgie gefeiert, bis sich nach einigen hundert Jahren die byzantinische Liturgie durchsetze.
Wie die koptisch-orthodoxe Kirche litt auch die orthodoxe Kirche von Alexandrien ab dem 7. Jahrhundert unter der muslimischen Herrschaft. Die amtierenden Patriarchen suchten Schutz beim Patriarchen von Konstantinopel. Die Zahl der orthodoxen Gläubigen in Ägypten sank einmal sogar auf nur mehr 600.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts konnte der Patriarch seinen Sitz wieder in Alexandria etablieren und seither verzeichnet die Kirche ein stetiges Wachstum.
Das Patriarchat von Antiochien zählt gegenwärtig rund drei Millionen Gläubige und ist vor allem in Syrien und im Libanon präsent. Es gibt aber auch Diaspora-Diözesen in den USA, in Lateinamerika und in Westeuropa. Die kleine antiochenisch-orthodoxe Kirchengemeinde in Wien gehört beispielsweise zur antiochenisch-orthodoxen Metropolie von Deutschland und Mitteleuropa.
Patriarchat von Antiochien
Wie in Ägypten finden wir auch in der frühen Kirche von Antiochien das gleiche Szenario vor: Der Großteil der Christen trug die Beschlüsse von Chalcedon nicht mit. (Sie bildeten künftig die Syrisch-orthodoxe Kirche.) Die verbliebene (griechisch-sprachige) Minderheit bildete das Orthodoxe Patriarchat von Antiochien. Diese orthodoxen Christen hatten nicht nur unter den muslimischen Eroberern sondern im Mittelalter auch unter den (römisch-katholischen) Kreuzfahrern zu leiden. Der orthodoxe Patriarch musste für einige Zeit ins Exil fliehen. Nachdem die Stadt Antiochien im Mittelalter immer mehr an Einfluss verlor, wurde der Sitz des Patriarchats von Antiochien schließlich im 14. Jahrhundert nach Damaskus (Syrien) verlegt.
Immer wieder kam es im Patriarchat zu Spannungen, weil die kirchliche Hierarchie von Griechen dominiert wurde, die Mehrzahl der Gläubigen aber arabische Christen waren (und sind). Erst 1899 wurde der erste arabisch-sprachige Patriarch eingesetzt. In der Liturgie wird heute weitgehend Arabisch verwendet.
Heute unterstehen dem Patriarchen von Alexandrien alle (byzantinisch) orthodoxen Christen Afrikas. So ist die Kirche etwa in Tansania, Kenia, Uganda, Südafrika, Simbabwe, Ghana, Nigeria, Kamerun und im Kongo präsent. Die schwarzafrikanischen Christen stellen inzwischen die Mehrheit der Gläubigen im Patriarchat. Insgesamt zählt das Patriarchat rund eine Million Gläubige.
Patriarchat von Jerusalem
Auf dem Konzil von Chalcedon 451 wurde beschlossen, dass die bisher zum Patriarchat von Antiochien gehörende Ortskirche in Jerusalem ein eigenes Patriarchat werden soll. Auch die Geschichte dieses Patriarchats ist durch die Jahrhunderte von vielen Schwierigkeiten geprägt. Und ebenso wie im Patriarchat von Antiochien gab und gibt es auch Spannungen zwischen der griechischen Hierarchie (die vor allem in der „Bruderschaft vom Hl. Grab“ präsent ist) und der arabischen Kirchenbasis. Die Liturgiesprache ist weitgehend Arabisch.
Die Zahl der Gläubigen des Patriarchats von Jerusalem wird gegenwärtig mit rund 120.000 angegeben, die vor allem in Israel, Palästina und Jordanien leben. Damit ist das Orthodoxe Patriarchat von Jerusalem die größte einheimische Kirche im Heiligen Land.
Das Patriarchat ist zugleich auch einer der wichtigsten Großgrundbesitzer vor Ort. (Was immer wieder auch zu Konflikten mit dem Staat Israel führt.) Zum Patriarchat gehört weiters auch die autonome Erzdiözese auf dem Berg Sinai. Bedauerlich: Die Patriarchate von Antiochien und Jerusalem streiten derzeit über die kirchenrechtliche Zuständigkeit für die orthodoxen Gläubigen (Gastarbeiter) auf der Arabische Halbinsel.