Türkei: Ein Lokalaugenschein im Erdbebengebiet
Das Erdbeben von Anfang Februar hat in Teilen der Türkei und Syrien unvorstellbares Leid, Tod und Not mit sich gebracht. Die ICO hat in den syrischen Städten Aleppo und Latakia, wo sie gut vernetzt ist, gleich mit der Hilfe begonnen. Nun wollen wir auch in der Türkei ein wenig helfen. Von Georg Pulling
Etwas über 50.000 Tote hat das verheerende Erdbeben vom Februar 2023 allein in der Türkei gekostet. Das ist zumindest die offizielle Zahl. Hinter vorgehaltener Hand heißt es in der betroffenen Region aber, dass die Zahl weit höher liegt. Zum Beispiel in der Stadt Adiyaman mit ihren bis zu 400.000 Einwohnern. Es gibt Stimmen, die allein schon für Adiyaman von bis zu 50.000 Toten sprechen.
Die Stadt liegt in Trümmern, bzw. „steht“ vielerorts in Trümmern. Wie ist das zu verstehen? - Zahlreiche Häuser sind bei dem Beben gleich vollständig in sich zusammengebrochen und haben die Bewohner mitten in der Nacht unter sich begraben. Viele Häuser sind freilich auch stehengeblieben, nur wurde die Bausubstanz so schwer zerstört, dass sie beim nächsten Beben – und das kommt in dieser Region bestimmt – wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen würden. Mit einem Wort: Die Wohnhäuser sind schlicht unbewohnbar. Bis zu 60 Prozent aller Häuser der Stadt befinden sich in diesem Zustand.
Und so kommt es, dass ein Großteil der Bevölkerung von Adiyaman in Zelten oder Containern leben muss. Überall in der Stadt sieht man diese Zelte und Containern: auf Fußballplätzen, Parkplätzen, den Schutthalden der eingestürzten Häuser oder auch einfach am Straßenrand oder direkt auf der Straße in den engen Seitengassen der Stadt. Hundertausende Menschen müssen seit Monaten in solchen Notbehausungen leben. Die gleiche Situation findet sich in der Stadt Malatya, eine Stadt mit rund 600.000 Einwohnern rund 110 Kilometer von Adiyaman entfernt.
In Malatya leben insgesamt nur 16 christliche Familien (syrisch-orthodoxe und armenisch-apostolische). In Summe rund 60 Personen. Sie wurden vom Erdbeben besonders stark getroffen. Es gab einige Todesopfer zu beklagen, auch Kinder. Die Menschen haben ihre Wohnungen verloren, müssen derzeit in Zelten oder Containern leben oder haben Wohnungen gemietet, was sie sich aber nicht mehr leisten können.
Malatya gehört zur syrisch-orthodoxen Erzdiözese von Adiyaman, der Bischof Mor Grigorios Melki Ürek vorsteht. Er kümmert sich sowohl um die syrisch-orthodoxen wie auch armenischen Christen in der Stadt.
Gemeinsam mit dem armenischen Patriarchat von Istanbul hat Bischof Grigorios ein Hilfsprojekt gestartet. Auf dem Grundstück der (ebenfalls beschädigten) armenischen Kirche in Malatya sollen zwölf kleine winterfest Fertigteilhäuschen gebaut werden. Zwölf Familien sollen davon profitieren, das sind rund 50 Personen. Das ist für sie auch die einzige Chance, in ihrer Heimat bleiben zu können. Spätestens im Oktober müssen die Häuschen bezugsfertig sein. Malatya liegt auf knapp 1.000 Metern Seehöhe. Im Winter ist es bitterkalt.
Das gesamte Projekt kostet gut 1,5 Mio. Türkische Lira (umgerechnet rund 72.000 Euro). Eine Million Lira übernimmt das armenische Patriarchat in Istanbul. 500.000 Lira (knapp 25.000 Euro, je nach Wechselkurs) muss die Diözese Adiyaman aufbringen, was die Möglichkeiten des mittellosen Bischofs und seiner Mitarbeiter aber bei weitem übersteigt.
Bischof Grigorios hat bei der ICO für dieses Projekt 25.000 Euro beantragt. Die ICO möchte die christlichen Erdbebenopfer von Malatya unbedingt unterstützen. Noch haben wird den Betrag nicht zur Gänze zusammen. Wir bitten sie, liebe Leserinnen und Leser, deshalb um Ihre Spende für dieses so notwendige Zeichen der Solidarität mit den letzten Christen von Malatya!