Donnerstag 21. November 2024

Neuaufbruch oder Verlust von Beheimatung?

 

 

Viele Menschen haben mit dem derzeitigen Gotteslob gebetet, gesungen, Andachten gestaltet und anderes mehr. Ich kenne viele, die dadurch eine große Vertrautheit gewonnen haben. Manche haben die Nummern der Lieder auswendig gewusst, andere haben sich in den Gebetsschatz vertieft und jeden Tag danach gegriffen, um ihr tägliches Gebet zu gestalten, wieder andere haben bei besonderen Gelegenheiten wie beim Tod eines Angehörigen oder im Teilen der Not anderer ZeitgenossInnen Trost und Hilfe in den Andachten gesucht, und wieder andere haben das Buch seit ihrer Erstkommunion als einen kleinen Schatz des Glaubens gehütet, schließlich war es ein Geschenk.

 

Viele musikalisch Interessierte oder auch Verantwortliche haben Lieder, Kehrverse oder auch die Psalmen durch die jahrelange Wiederholung ins Herz gesungen; sie wurden ein gesungener Glaubens- und Gebetsschatz, der mitunter im Herzen und im Gedächtnis aufleuchtet wie Trostwörter oder Leuchttürme in schwierigen Zeiten oder Situationen.

 

"Jede Veränderung verlangt Umstellung, neues sich Einstellen auf das, was kommt. Das bedeutet auch, Vertrautes hinter sich zu lassen und Neues in die Hand nehmen zu müssen."

 

Wie auch immer das Verhältnis zum Gotteslob von 1975 war und ist, jetzt heißt es Abschied nehmen, da mit Advent 2013 das neue Gotteslob eingeführt wird. Das bringt eine Veränderung mit sich, die auch eine Herausforderung darstellt. Jede Veränderung verlangt Umstellung, neues sich Einstellen auf das, was kommt. Das bedeutet auch, Vertrautes hinter sich zu lassen und Neues in die Hand nehmen zu müssen.

 

Damit könnte für den einen oder anderen die Freude am Glaubensschatz, wie er im Gotteslob zu finden war, oder die Vertrautheit im Beten und Singen gestört werden. Vielleicht reagieren manche sogar mit Verärgerung oder mit Angst, weil eine solche Umstellung verunsichert. Es kann sein, dass es welche gibt, die es als Verlust empfinden, wenn sie das vertraute Buch aus der Hand geben sollen, weil das lang angekündigte neue Gotteslob nun doch da ist und das alte ersetzen soll.

 

Alle diese Erfahrungen sind verständlich. Dennoch soll gerade denen gesagt sein, die möglicherweise Angst haben, das Vertraute zu verlieren, dass das neue Gotteslob eine Vielzahl an Elementen birgt, die vom bisherigen Gotteslob übernommen wurden. Eine erste Neugierde, die zur Beschäftigung mit dem neuen Gotteslob führen kann, könnte diese vertrauten Elemente wie Lieder, Gebete, Psalmen suchen. Zu entdecken, dass es diese gibt, allerdings in einer neuen Buchorganisation, kann bereits eine wertvolle Entdeckung und damit auch eine Genugtuung sein.

 

"Ich bin überzeugt, dass auch jene, denen das alte Gotteslob sehr vertraut war, in den alten Gebeten beheimatet bleiben können und zugleich in den neuen Gebeten wieder Impulse zum Beten entdecken."

 

Daneben aber kann diese Neugierde auch bedeuten, sich mit Offenheit auf das Neue einzulassen, nämlich auf das, was die Verantwortlichen für das neue Gotteslob aufgrund der Erfahrung in den letzten fast 40 Jahren neu formuliert und neu hinzugenommen haben. In den Andachten zB gibt es eine große Fülle an Themen, die dem Leben der Gläubigen entsprechen wollen; die Kehrverse wollte man singbarer gestalten, damit die Gläubigen auch auswendig nachsingen und kurze Rufe sich besser merken können; auch Mehrstimmigkeit und Neues geistliches Lied ist vermehrt dazugekommen. Der Gebetsschatz will der Situation der Menschen heute entsprechen.

 

Ich bin überzeugt, dass auch jene, denen das alte Gotteslob sehr vertraut war, in den alten Gebeten beheimatet bleiben können und zugleich in den neuen Gebeten wieder Impulse zum Beten entdecken. Auch die katechetischen Texte für die Sakramente sind neu geschrieben, vielleicht ist es damit gelungen, der Glaubenssprache heute zu entsprechen. Vielleicht nehmen manche das Buch nun lieber in die Hand, weil es schön und gut gestaltet ist, die Texte angenehmer lesbar und die Lieder besser gesetzt sind.

 

Ich wünsche allen, dass die mögliche Angst vor dem Verlust an Beheimatung abgelöst wird von neuer Vertrautheit und der neuen Freude, die das gemeinsame Gebets- und Gesangbuch, unser Gotteslob, schenken will.

 

Ewald Volgger OT

 

 

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