Inhalt:
Lobe den Herrn meine Seele (Ps 103) GL 876
Text und Musik
Der Kanon von N. Kissel (*1960) ist im Österreichteil des neuen Gotteslobes als Nr. 876 unter dem Thema Lob, Dank, Anbetung abgedruckt.
Er verwendet als Textvorlage die Verse 1b, 1c, 2a, 2b von Ps 103 und wird daher in der liturgischen Praxis auch mit dem vollständigen Psalmtext kombiniert.
Musikalisch kann der Kanon dem neuen geistlichen Liedgut (NGL) zugeordnet werden; durchgehend schwingendes 6/8-Metrum und ganztaktige, auf einfacher Stufenfolge (I-II-V-I) beruhende Melodik lassen ihn leicht ins Ohr gehen, was wiederum für das auswendig Singen äußerst hilfreich ist.
Die Melodie selbst ist zweigeteilt, wobei jede Gruppe wiederum aus zwei gleichen, nur am Zeilenende abgeänderten Melodiepaaren besteht.
Liturgie
Als allgemeiner Lobgesang (V.1-2) wird man den Kanon zunächst als alleinstehenden Ruf (Akklamation) einsetzen können:
Eröffnungsgesang einer Vigil, Wort-Gottes-Feier oder sakramentalen Feier(Taufe)
Meditatives Element- in der Art eines Taize´-Gesanges mehrfach wiederholt, ev. auch als Summkanon mit dazu gesprochenem Psalmtext (s.u.)
In der Verbindung mit dem vollständigen Text von Ps 103 überwiegt jedoch die Thematik der Sündenvergebung; in dieser Form ist die vornehmste Funktion des Psalmes die des Antwortpsalmes im Wortgottesdienst der Messfeier:
Lesejahr A: 7. So. i. Jk., HF Heiligstes Herz Jesu, 26. So. i. Jk.
Lesejahr B: 7. So. d. Osterzeit, 8. So. i. Jk., Lesejahr C: 3. Fastensonntag, 7. So. i. Jk.
Als allgemeiner (Commune-) Antwortpsalm kann er an allen Sonntagen im Jahreskreis eingesetzt werden
Besonders häufig (13 mal) ist er als Antwortpsalm an Wochentagen vorgesehen
Die Verse 8, 11, 12-17 passen auch gut in die Messe für Verstorbene
Aufgrund der inhaltlichen Verbindung von Lob und Sündenvergebung eignet er sich besonders für Bußgottesdienste und als Eröffnungsgesang in der österlichen Bußzeit
Innerhalb der Tagzeitenliturgie hat er seinen fixen Platz
In der Totenvesper und (GL 657) und in der Feier de Totenwache (GL 609)
Allgemein in Vesper, Abendlob oder WoGoFeier in der österlichen Bußzeit
Hinweise zur Ausführung
Die Verbindung von Kanongesang und Psalmodie bereichert nicht nur den liturgischen Gesang um eine neue, spannende Fassette, sie bietet auch in pastoraler Hinsicht viele Chancen und Möglichkeiten für die Verlebendigung der liturgischen Feier und der geistlichen Lebens einer Pfarrgemeinde. So kann ein auch außerhalb der Liturgie, in der pastoralen Arbeit einer Pfarre gesungener Kanon bei seiner Verwendung als allgemeiner Ruf oder als Leitvers zum Antwortpsalm einen starken Wiedererkennungsfaktor bilden und damit die emotionale Tiefe des Singens erfahrbar machen und die Feier als gemeinsames Lobopfer ungemein bereichern.
Der Kanon ist mit Akkordbuschstaben abgedruckt, kann also in vielseitiger Besetzung musiziert, bzw. begleitet werden: Orgel, Klavier, Keyboard, Akkordeon, Gitarre, dazu ev. Melodieinstrumente für die Oberstimme: Flöten, Klarinette, Sax u.ä, und auch ein E-Bass mit angemessenem Schlagwerk.
Nach instrumentalem Vorspiel einmal von K (Schola, Chor) vorgesungen, dann im gegliederten Singen zweier Gruppen als Kanon wiederholt.
Die Einteilung der Gruppen sollte im Vorfeld der Feier klar angesagt und bei der Ausführung vom Kantor deutlich angezeigt werden; dabei muss man auch auf die Anzahl und Raumverteilung der Anwesenden achten, möglich sind: linke-rechte Bankreihe / Gemeinde – lit. Dienste / Gemeinde – Chor.
Grundsätzlich gilt, dass der Kanon solange wiederholt wird, bis die zuletzt einsetzende Gruppe das Ende erreicht hat
Orgel oder Instrumentalensemble bereiten den Anfang und den Schluss dsurdch deutliches, akustisches und rhythmisches Signal (ritardando) vor.
Psalmvertonungen
Der im GL unter Nr. 57,2 abgedruckte Ps 103 kann folgendermaßen ausgeführt werden:
Im traditionellen Psalmton VI (I) der GL-Psalmodie mit Tenor fis.
Stilistisch besser nach GL 979,2 in dreistimmiger Psalmodie nach Urmodus E (Terz tiefer auf fis) GL 981,2
Als Textrezitation auf fortlaufend gesungenem oder gesummten Kanon oder auf instrumentalem Hintergrund.
Als Psalmodie auf zwei Tönen - mit oder ohne Instrumentalbegleitung:
Lobe den Herrn meine Seele / und alles in mir seinen heiligen Namen
d……………………..e……., e………………………………..d…….
ERLÄUTERUNGEN ZU PS 103
Ps 103 ist ein Lobpreis auf Gott, den König
Er gliedert sich in drei Teile.
Im „Aufgesang“ (V. 1-5) wird Jahwe wegen seiner Taten und ihrer „verjüngenden“ Wirkung gepriesen: Vergebung der Sünden, Heilung von Krankheit, Errettung vom Tod, Zuwendung von Güte und allen lebensnotwendigen Gaben. V. 5 vergleicht die Befreiung von Schuld und Erneuerung des Menschen mit dem Bild des jungen Adlers, der unermüdlich, kraftvoll und frei dahinfliegt.
Der Hauptteil (V. 6-18) bezieht sich zunächst auf das Exodus-Geschehen (Ex 19-24) und beschreibt dann die Heilstaten Gottes, Güte, Bewahrung vor Schuld, Erbarmen mit der Weite des Himmels und der Liebe des Vaters (der Mutter) zu seinen Kindern; die Notwendigkeit dieser Heilstaten wird deutlich in der Armseligkeit der Menschen, wie sie als Kontrast in den Versen 14-16 ausgedrückt wird: Bedeutungslos und unnütz wie Staub, kurzlebig, vergänglich und leicht zerbrechlich wie Gras und Blumen. Die Verse 17-18 fassen die Heilstaten Jahwes zusammen, bekräftigen den neuen Bund vom Sinai und ihre Geltung für alle Zeiten, für alle Menschen, die bereit sind, seine Wege zu gehen.
Im „Abgesang“ (V. 19-22) wird der einleitende Lobpreis auf die ganze übertragen und so gesteigert, vom Lobpreis als Hören auf Gottes Wort über den Lobpreis als Handeln nach seinem Willen bis zum Lobpreis durch die ganze Schöpfung. Zugleich wird deutlich,
dass Jahwes Königtum auf seinen Heilstaten, der Sündenvergebung beruht, darum schließt der Psalmist noch einmal mit dem einleitenden Segensspruch: Lobe den Herrn meine Seele
Herbert Gasser