Sonntag 24. November 2024

Herr, wenn du kommst (GL 233)

Worte und Musik: Helga Poppe

Ein Lied von Zeit und Ewig­keit

 

„Kom­men“ ist ein wich­ti­ges Wort des Glau­bens, das gleich­sam durch das gesamte Kir­chen­jahr hin­durch­klingt. Vom advent­li­chen „Komm, du Hei­land aller Welt“ über das pfingst­li­che „Veni Crea­tor Spi­ri­tus“ bis zum end­zeit­li­chen Kom­men, um das die letz­ten Worte des Neuen Tes­ta­ments sehn­lich bit­ten: „Komm, Herr Jesus“ (Offen­ba­rung 22,20) – und zwar als Ant­wort auf Jesu Zusage „Ja, ich komme bald“.

 

Die­ses Lied mar­kiert den Über­gang vom endzeitlich-königlichen Kom­men des Herrn (Christ­kö­nig) zu sei­nem adventlich-zeitlichen Kom­men (Ers­ter Advent). Vom „Kom­men“ hören wir im Lese­jahr C am Ers­ten Advent auch in der zwei­ten Lesung: „… wenn Jesus, unser Herr, mit allen sei­nen Hei­li­gen kommt“ (1 Thes­sa­lo­ni­cher 3), oder am Vier­ten Advent in der Lesung aus dem Hebrä­er­brief: „Ja, ich komme, um dei­nen Wil­len zu tun“ (Hebrä­er­brief 10). Advent, das heißt auch: die Span­nung aus­hal­ten zwi­schen die­ser Ver­hei­ßung des Kom­mens und der noch aus­ste­hen­den weih­nacht­li­chen Erfül­lung.

Von die­sem Geist ist das advent­li­che Lied des Monats von Helga Poppe geprägt, ja durchstimmt.

 

Keine Vertröstung — "heute schon"

Auto­rin von Wort und Musik ist die heute im Ruhe­stand lebende Päd­ago­gin Helga Poppe. Aus ihrer Feder stam­men etwa 240 Lie­der, von denen „Du bist das Licht der Welt“ wohl das bekann­teste ist. „O Herr, wenn du kommst“ ist kurz vor Advent 1975 ent­stan­den. Zahl­reich sind die bib­li­schen Inspi­ra­tio­nen. Vor allem hören wir ein Echo des Gleich­nis­ses von den klu­gen und törich­ten Jung­frauen (Mat­thäus 25). Als damals der Herr und Bräu­ti­gam kam, waren nicht alle bereit. Doch der Hori­zont ist noch wei­ter, bib­lisch wie in die­sem Lied. Jesu Kom­men ist gleich in der ers­ten Lied­zeile ein Ereig­nis für die „Welt“. Sie wird erneu­ert von dem, der sagt: „Seht, ich mache alles neu“ (Offen­ba­rung 21,5).

Dann folgt eines der erre­gends­ten The­men der Reich-Gottes-Botschaft des Neuen Tes­ta­ments, näm­lich deren Span­nung zwi­schen „Schon“ und „Noch nicht“. Die Auto­rin will keine Ver­trös­tung auf das Jen­seits und schärft des­halb das „heute schon“ ein. Und sind nicht die törich­ten Jung­frauen über die­ses „Heute“ sozu­sa­gen gestol­pert? Grund­sätz­lich waren sie ja bereit, nur nicht hier und heute.

 

Zwischen Schöpfung und Erlösung

Die dritte Stro­phe nennt Schöp­fung (Gott­va­ter) und Erlö­sung (Chris­tus), die letzte Stro­phe dann die Voll­en­dung im Bild vom „Fest ohne Ende“. Sozu­sa­gen dazwi­schen steht das Leid, das nicht ver­harm­lost wer­den darf. Auch der Glaube kann es nicht zum Ver­schwin­den brin­gen, aber „es wird von dei­ner Klar­heit durch­strahlt“ – eine gelun­gene Kurz­for­mel der Pas­si­ons­theo­lo­gie. Die vierte Stro­phe nimmt noch­mals das Gleich­nis von den klu­gen und törich­ten Jung­frauen auf, denn nun iden­ti­fi­zie­ren die Sin­gen­den sich mit jenen: „Wir lau­fen voll Freude den Weg auf dich zu“.

 

Die Musik die­ses Lie­des ist ebenso erwar­tungs­voll wie die Worte.

Der signal­haft auf­stei­gen­den Quart am Beginn ent­spricht die abstei­gende Quart nach der ers­ten Atem­zä­sur zu „denn heute schon …“. Unge­wöhn­lich ist die wie­der­holte Schluss­zeile, die eben­die­ses Inter­vall der Quart nun mit Ton­schrit­ten aus­füllt. Aller­dings sind es nicht die Töne, die man von der Har­mo­nik des bis­he­ri­gen Lie­des, das in Moll steht, erwar­tet. Es erklingt näm­lich – leicht erkenn­bar an den Kreuz-Vorzeichen – aus­schnitt­haft eine Dur-Tonleiter, die alles in ein ande­res Licht rückt. Ziel­stre­bige Gewiss­heit steht am Ende jeder Stro­phe, fast wie ein Gelöb­nis. Alle Inhalte des Glau­bens, so wich­tig sie auch sind, erklin­gen zusam­men­ge­fasst in die­sem ent­schei­den­den Ges­tus des Glau­bens und Hof­fens: „O Herr, wir war­ten auf dich. O Herr, wir war­ten auf dich“.

 

Kein passives Warten

Das „War­ten“ ergänzt das erste Stich­wort des „Kom­mens“. Die Musik besagt, dass es kei­nes­wegs pas­siv zu ver­ste­hen ist. Wenn jeweils der Grund­ton erreicht und bestä­ti­gend aus­ge­hal­ten wird, darf ein Vor­ge­schmack des erhoff­ten Zie­les musi­ka­lisch schon aus­ge­kos­tet werden.

 

Mein­rad Walter 

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